Dramatisches Gedicht frei nach Franz Grillparzer
Denkt man an Medea, fallen einem zuerst die Attribute „Kindsmörderin“ und „Barbarin“ ein. Aber sie ist auch eine Verratene, Geflüchtete. Und Jason, der „Held“, er ist eigentlich jemand, der seine Versprechungen und Ideale nicht verwirklicht, ein gescheiterter wankelmütiger Opportunist, der sich schließlich für Konvention und Karriere entscheidet. Mit welchen Rollenzuschreibungen müssen wir leben in unserer patriarchalheteronormativen Leistungsgesellschaft mit ihren populistischen Tendenzen? Was müssen nicht Wenige von uns dafür aufgeben? Und welchen Preis zahlen wir, wenn wir diese Rollen nicht ausfüllen können oder wollen oder uns mit anderen „Barbaren“ solidarisch erklären? Haben wir letztlich nur die Wahl zwischen Anpassung und Asyl oder sind wir so frei, die Kluft zwischen Eigenem und Fremdem zu überwinden? In Christa Wolfs Text ,Medea: Stimmen‘ sagt Medea zu Jason: „Sie haben aus jedem von uns den gemacht, den sie brauchen. Aus dir den Heroen, und aus mir die böse Frau. So haben sie uns auseinandergetrieben.“ Bei Grillparzer beschwört sie ihn, zu sich selbst und zu ihr zu stehen: „Du nahmst mich, wie ich war, behalt mich, wie ich bin!“ Die Frage, wie Ausgrenzung und Gewalt entstehen, führt uns zu unseren bequemen Vorurteilen und unserer egozentrischen Grausamkeit. Auf Grundlage von klassischen und modernen Texten überprüfen wir den Medea-Stoff darauf, was er uns heute über das Ideal einer freien und diversen Gesellschaft erzählen kann.
Regie — Mirja Biel
Bühne — Matthias Nebel
Kostüme — Britta Leonhardt
Musik — Robert Seidel
Quelle: Oldenburgisches Staatstheater
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